Satz von Palm-Chintschin

Der Satz von Palm-Chintschin der Stochastik besagt, dass sich die Überlagerung (Superposition) einer hinreichend großen Anzahl von nicht notwendigerweise poissonschen Erneuerungsprozessen asymptotisch einem Poisson-Prozess annähert, wenn die Ereignisse in den einzelnen Prozessen relativ selten auftreten. Der Satz beruht auf Arbeiten von Conny Palm aus dem Jahr 1943[1] und Aleksander Chintschin aus dem Jahr 1955[2]. Er findet Anwendung in der Warteschlangentheorie und Zuverlässigkeitsanalyse, zum Beispiel bei der Modellierung von Ankunftsprozessen von Kunden oder seltenen Ereignissen in der Versicherungsmathematik.

Aussage

Seien { N m i ( t ) , t 0 } {\displaystyle \{N_{mi}(t),t\geq 0\}} für m N {\displaystyle m\in \mathbb {N} } , i = 1 , 2 , , m {\displaystyle i=1,2,\dotsc ,m} unabhängige Erneuerungsprozesse und

N m ( t ) = N m 1 ( t ) + N m 2 ( t ) + + N m m ( t ) {\displaystyle N_{m}(t)=N_{m1}(t)+N_{m2}(t)+\ldots +N_{mm}(t)}

die Superposition dieser Prozesse. Weiter bezeichne X m i {\displaystyle X_{mi}} die Zeit zwischen der ersten und zweiten Erneuerung in Prozess i {\displaystyle i} sowie λ m i = 1 / E ( X m i ) {\displaystyle \lambda _{mi}=1/E(X_{mi})} . Unter den Annahmen

  1. Für alle hinreichend große m {\displaystyle m} gelte: λ m 1 + λ m 2 + + λ m m = λ < {\displaystyle \lambda _{m1}+\lambda _{m2}+\ldots +\lambda _{mm}=\lambda <\infty } .
  2. Gegeben ε > 0 {\displaystyle \varepsilon >0} , für jedes t > 0 {\displaystyle t>0} und hinreichend große m {\displaystyle m} gelte: P ( X m i t ) < ε {\displaystyle P(X_{mi}\leq t)<\varepsilon } für alle i {\displaystyle i} .

strebt dann die Überlagerung der Zählprozesse N m ( t ) {\displaystyle N_{m}(t)} für m {\displaystyle m} gegen {\displaystyle \infty } gegen einen Poisson-Prozess mit Rate λ {\displaystyle \lambda } .[3]

Erweiterungen

Es gibt zahlreiche Erweiterungen, z. B. den Satz von Grigelionis,[4] der die Annahmen verallgemeinert und als Grenzprozess einen nicht-homogenen Poisson-Prozess ableitet. In der Software-Zuverlässigkeit gibt es zahlreiche Erweiterungen für Software-Zuverlässigkeitswachstumsmodelle, klassisch z. B. den Satz von Littlewood,[5] bei dem der Ausfallprozess für komplexe Software-Systeme, deren interne Struktur durch Markow-Ketten beschrieben werden kann, ebenfalls wieder gegen einen Poisson-Prozess strebt.

Einzelnachweise

  1. Conny Palm: Intensitätsschwankungen im Fernsprechverkehr, Ericsson Techniks 44, 1–189 (1943)
  2. Aleksander Chintschin: Matematicheskie metody teorii massovogo obsluzhivaniia, Trudy Matematicheskogo Instituta Steklov, Akad. Nauk, U.S.S.R., Vol. 49 (1955)
  3. Daniel P. Heyman, Matthew J. Sobel: Stochastic Models in Operations Research: Stochastic Processes and Operating Characteristics, Courier Corporation, 2003, ISBN 978-0-48643-259-5, S. 156–161
  4. Alessandro Birolini: Reliability Theory, 7. Auflage, Springer, Heidelberg, 2013, Kapitel A7.8.3
  5. Littlewood, B.: A reliability model for systems with Markov structure, Applied Statistics 24 (1975), 172–177.