L-Unverfälschtheit

Die L-Unverfälschtheit ist in der Schätztheorie, einem Teilgebiet der mathematischen Statistik, eine Eigenschaft eines Punktschätzers. Sie verallgemeinert die Erwartungstreue und enthält als weiteren Spezialfall die Median-Unverfälschtheit. Die Verallgemeinerung findet über die Verwendung einer allgemeinen Verlustfunktion statt.

Definition

Gegeben seien ein statistisches Modell ( X , A , ( P ϑ ) ϑ Θ ) {\displaystyle (X,{\mathcal {A}},(P_{\vartheta })_{\vartheta \in \Theta })} sowie eine Verlustfunktion L ( ; ) {\displaystyle L(\cdot ;\cdot )} . Es sei

R P ϑ 0 ( ϑ , S ) = X L ( g ( ϑ ) ; S ) d P ϑ 0 {\displaystyle R_{P_{\vartheta _{0}}}(\vartheta ,S)=\int _{X}L(g(\vartheta );S)\mathrm {d} P_{\vartheta _{0}}}

das Risiko des Punktschätzers S {\displaystyle S} an der Stelle ϑ {\displaystyle \vartheta } , gemessen bezüglich P ϑ 0 {\displaystyle P_{\vartheta _{0}}}

Dann heißt ein Schätzer S {\displaystyle S} L-unverfälscht, wenn für alle ϑ 0 Θ {\displaystyle \vartheta _{0}\in \Theta } gilt:

R P ϑ 0 ( ϑ 0 , S ) R P ϑ 0 ( ϑ , S ) {\displaystyle R_{P_{\vartheta _{0}}}(\vartheta _{0},S)\leq R_{P_{\vartheta _{0}}}(\vartheta ,S)}   für alle   ϑ Θ {\displaystyle \vartheta \in \Theta } .

L-unverfälschte Schätzer liegen also bezüglich der Verlustfunktion L, gemessen mit P ϑ 0 {\displaystyle P_{\vartheta _{0}}} , näher an dem Wert g ( ϑ 0 ) {\displaystyle g(\vartheta _{0})} als an jedem weiteren Wert g ( ϑ ) {\displaystyle g(\vartheta )} .

Beispiele

Gauß-Verlust

Wählt man als Verlustfunktion den Gauß-Verlust

L ( ϑ ; a ) = ( g ( ϑ ) a ) 2 {\displaystyle L(\vartheta ;a)=(g(\vartheta )-a)^{2}} ,

so ist S L 2 ( ( P ϑ ) ϑ Θ ) {\displaystyle S\in L^{2}((P_{\vartheta })_{\vartheta \in \Theta })} (siehe Lp-Raum) genau dann L-unverfälscht, wenn S {\displaystyle S} ein erwartungstreuer Schätzer für g {\displaystyle g} ist.

Laplace-Verlust und Median-Unverfälschtheit

Wählt man als Verlustfunktion den Laplace-Verlust

L ( ϑ ; a ) = | g ( ϑ ) a | {\displaystyle L(\vartheta ;a)=|g(\vartheta )-a|} ,

so ist S {\displaystyle S} genau dann L-unverfälscht, wenn S {\displaystyle S} Median-unverfälscht ist, das heißt, es gilt für alle ϑ Θ {\displaystyle \vartheta \in \Theta }

P ϑ ( S g ( ϑ ) ) 1 2 {\displaystyle P_{\vartheta }(S\geq g(\vartheta ))\geq {\frac {1}{2}}}   und   P ϑ ( S g ( ϑ ) ) 1 2 {\displaystyle P_{\vartheta }(S\leq g(\vartheta ))\geq {\frac {1}{2}}} .

Literatur

  • Ludger Rüschendorf: Mathematische Statistik. Springer Verlag, Berlin Heidelberg 2014, ISBN 978-3-642-41996-6, doi:10.1007/978-3-642-41997-3.