Geier (Vogel)

Zwei der seltenen Indiengeier (Vertreter der Altweltgeier) am und im Nest (Orchha, Madhya Pradesh, Indien)
Ein Truthahngeier (Vertreter der Neuweltgeier) beim Sonnenbad (Bluff, Utah, USA)

Geier (von mittelhochdeutsch gīr[1]) ist die Bezeichnung für eine Reihe meist großer bis sehr großer Arten fleischfressender Greifvögel (Accipitriformes). Da die Nahrung einiger Arten einen hohen Anteil von Aas und sogar Knochen enthält, werden diese umgangssprachlich auch als „Aasgeier“ bezeichnet.

Als Destruenten erfüllen sie wichtige Aufgaben bei der Zersetzung organischer Materie und Krankheitsprävention. Als Kulturfolger sind viele Geierarten auch auf Müllkippen und in der Nähe von Schlachthöfen zu finden, wo sie von Menschen mancherorts gezielt bei der Entsorgung der Schlachtabfälle mit einbezogen werden.

Ein Teil der Geier ist in freier Wildbahn selten geworden oder von der Ausrottung bedroht. Daran ist nicht nur die Veränderung der Lebensräume und Lebensbedingungen schuld, sondern auch die illegale Bejagung, wobei der (verbotene) Einsatz von Giftködern zu den Hauptursachen für den Bestandsrückgängen zählt.[2]

Zur Entstehung des Begriffs

In den Anfängen der zoologischen Systematik waren die damals bekannten bzw. wahrgenommenen Arten der Geier zusammen mit der Harpyie noch in der Gattung Vultur (lateinisch für „Geier“) vereint.[3] Heute verteilen sie sich auf mehrere Gattungen in mehreren Familien und Unterfamilien, die, nachgewiesen durch Vergleiche von Gensequenzen, jeweils nicht unmittelbar miteinander verwandt sind.[4] Die „Geier“ bilden folglich kein Monophylum und ihre ähnliche Lebensweise sowie das teilweise ähnliche Äußere sind auf konvergente Evolution zurückzuführen.

Greifvogelarten, die unter den Oberbegriff „Geier“ fallen

Vom Aussterben bedroth: Kappengeier

Mit dem Trivialnamen „Geier“ werden folgende Vogelarten aus zwei unterschiedlichen Familien bezeichnet. Da keiner der Neuweltgeier gefährdet ist, wurden nur bei den Habichtartigen ergänzende Angaben zum Gefährdungsgrad laut IUCN gemacht.

Altweltgeier und sonstige Habichtartige

Familie der Habichtartigen (Accipitridae);

  • Bartgeier Gypaetus barbatus (NT, potenziell gefährdet)
  • Palmgeier Gypohierax angolensis (LC, nicht gefährdet)
  • Schmutzgeier Neophron percnopterus (EN, stark gefährdet[5])

Altweltgeier (Aegypiinae), einer Unterfamilie der Habichtartigen, vorkommend in Südeuropa, Afrika und Asien;

Sperbergeier, 2003 in der Serengeti
Der Rabengeier zählt zu den häufigsten Neuweltgeiern

Neuweltgeier

Arten aus der Familie der Neuweltgeier (Cathartidae), vorkommend in Nord- und Südamerika;

Geier im Alten Ägypten

Im Altertum wurde Geiern, in der Kultur des Alten Ägyptens, eine besondere Wertschätzung entgegengebracht. So war es unter anderem üblich, die Krone eines Pharao mit Darstellungen einer Ägyptischen Kobra und eines Geiers zu versehen, die stellvertretend für Ober- und Unterägypten standen.[17]

Zusätzliche Darstellungen wurden erst 2018 entdeckt, als die Vorhalle (Pronaos), des rund 2.000 Jahre alten im Tempels von Esna, von einer Rußschicht befreit wurde. Die beiden Göttinnen Nechbet und Wadjet wurden, auf den 46 reliefartigen Abbildungen, als Geier mit ausgebreiteten Schwingen dargestellt. Dabei dienen ihre Kronen als Unterscheidungskriterium; während Nechbets Krone mit einen Geierkopf geschmückt ist, trägt Wadjet eine Krone, die mit einer Kobra verziert ist.[18]

In Kunst und Populärkultur

Literatur

Spielfilme

Sonstiges

Literatur

  • Theodor Mebs, Daniel Schmidt: Die Greifvögel Europas, Nordafrikas und Vorderasiens. Biologie, Kennzeichen, Bestände. Kosmos, Stuttgart 2006, ISBN 3-440-09585-1.

Einzelnachweise

  1. Vgl. auch Joachim Stürmer: „Von deme gîre“. Untersuchungen zu einer altdeutschen Drogenmonographie des Hochmittelalters (= Mittelalterliche Wunderdrogentraktate. Band 1). Pattensen bei Hannover 1978 (= Würzburger medizinhistorische Forschungen. Band 12). Zugleich medizinische Dissertation Würzburg.
  2. Gift: Ein Hauptproblem für den Geierschutz vom 4. Mai 2022 Bartgeier.ch, abgerufen am 13. September 2024
  3. Carolus Linnæus: Systema Naturæ. Band 1. 10., überarbeitete Auflage. Salvius, Stockholm 1758, S. 86 f.
  4. Heather R. L. Lerner, David P. Mindell: Phylogeny of eagles, Old World vultures, and other Accipitridae based on nuclear and mitochondrial DNA. In: Molecular Phylogenetics and Evolution. Band 37, Nr. 2, 2005, S. 327–346, doi:10.1016/j.ympev.2005.04.010.
  5. CR. Egyptian Vulture. Neophron percnopterus BirdLife International, abgerufen am 14. September 2024
  6. CR. Slender-billed Vulture. Gyps tenuirostris BirdLife International, abgerufen am 13. September 2024
  7. CR. Indian Vulture. Gyps indicus BirdLife International, abgerufen am 13. September 2024
  8. VU. Cape Vulture. Gyps coprotheres BirdLife International, abgerufen am 14. September 2024
  9. A step further to unravel the mystery of Rüppell's vultures in the Mediterranean IUCN, abgerufen am 13. September 2024
  10. Amazing Species: White-backed Vulture IUCN, abgerufen am 13. September 2024
  11. CR. Hooded Vulture. Necrosyrtes monachus BirdLife International, abgerufen am 13. September 2024
  12. CR. Red-headed Vulture. Sarcogyps calvus BirdLife International, abgerufen am 13. September 2024
  13. EN. Lappet-faced Vulture. Torgos tracheliotos BirdLife International, abgerufen am 14. September 2024
  14. CR. White-headed. Vulture Trigonoceps occipitalis BirdLife International, abgerufen am 13. September 2024
  15. CR. California Condor Gymnogyps californianus BirdLife International, abgerufen am 14. September 2024
  16. VU. Andean Condor. Vultur gryphus BirdLife International, abgerufen am 14. September 2024
  17. Pharao Klexikon, abgerufen am 14. September 2024
  18. Altes Ägypten. Geflügelte Göttinnen aufgedeckt vom 19. Mai 2022 Damals, abgerufen am 14. September 2024